Die Zukunft des Fährbetriebs auf der Straße von Dover

Helen Deeble (die Geschäftsführerin von P&O Ferries) und Niels Smedegaard (der Geschäftsführer der DFDS) und ihre beiden Unternehmen konkurrieren täglich Kopf an Kopf. Ihr gemeinsamer Konkurrent ist jedoch MyFerryLink (MFL). Wie sieht daher die Zukunft der Frachtfährreedereien auf der Straße von Dover aus?Die Zukunft des Fährbetriebs auf der Straße von Dover

Die Mitarbeiter von P&O Ferries und DFDS schauen sicher aus den Fenstern ihrer Sitzungssäle und fragen sich: „Kann dieses Unternehmen noch geschlagen werden?“ Sobald ein juristischer Schwitzkasten angesetzt ist, windet MFL sich wieder heraus, um dem nächsten Angriff entgegen zu sehen. Die Branche wartet ab, ob das Revisionsgericht den Kartellamtsbescheid zum Ausschluss von MFL aus dem Fährbetrieb in Dover aufheben wird. Lassen wir die juristischen Judorunden einmal beiseite, so stellt sich doch immer noch die Frage, ob MFL eine Zukunft hat. Man könnte es meinen angesichts der am 18. März 2015 veröffentlichten Daten der Groupe Eurotunnel (GE) für das Jahr 2014. Ihre Einnahmen stiegen um 25 % von 74 auf 93 Millionen €, die Betriebskosten nur um 9 % von 96 auf 105 Millionen €. Leider wird daraus die bittere Pille ersichtlich: MFL machte noch immer einen Verlust von € 18 Millionen im Geschäftsjahr 2014.

Problematische Betriebskosten?

Das ist die eigentliche Crux an der Sache. Egal, wie lange die französische Regierung noch ihren politischen Eiertanz um die Arbeitsplätze vollziehen will: Wenn ein Geschäft keinen Gewinn einfahren kann, wie könnte es dann eine Zukunft haben? Es muss Kapitalanleger in der Groupe Eurotunnel geben, die die Nachricht, MFL stünde „zum Verkauf“, mit offenen Armen begrüßten, tatsächlich bewegt sich der Aktienkurs der GE zurzeit auf einem Fünfjahreshoch. Ohne sich auf Einzelheiten einzulassen: Auch P&O Ferries und DFDS haben Probleme, auf der Linie ab Dover Gewinn einzufahren (wie die neuesten Finanzwerte von DFDS zeigen). Wenn man also keine Rechtfertigung in einem Gewinn unter dem Strich finden kann, welche Zukunft hat dann das Ganze tatsächlich? Die Dänen von DFDS stehen nicht im Ruf, verlustbringende Linien aufrecht zu erhalten. Im letzten Jahr fielen ihnen Le Havre-Portsmouth, Harwich-Esbjerg und Tilbury-Gothenburg zum Opfer. P&O Ferries hat auch schon einen ordentlichen Kostenschnitt auf der Linie Dover-Calais hingelegt, als es die Personalkosten neu auszuhandeln versuchte. Wenn MFL wirklich aus dem Ärmelkanalgeschäft herausfallen sollte, ohne dass die Groupe Eurotunnel einen geeigneten Käufer findet, und seine Schiffe eingemottet werden müssten, würde die Dienstgüte dort zunächst einmal einbrechen.

Ich schätze, P&O und DFDS werden darauf warten, dass diese Schiffe völlig von der Straße von Dover verschwinden, bevor sie selber in neue Tonnage investieren, um eine Neuauflage der MFL zu verhindern. Vorausgesetzt, die beiden verbleibenden Reedereien würden bis dahin keine zusätzliche Tonnage erwerben, wäre Platz bei DFDS und P&O in der Zwischenzeit ein knappes Gut.

Geänderte Linien

Im April kehrt DFDS zu einem Zweischiffbetrieb auf der Linie Calais zurück, wenn Stena Lines die neue „M.V. Nordica“ in Dienst stellt. Das verbessert den derzeitigen Einschiffbetrieb der DFDS drastisch. Während Eurotunnel derzeit noch etwas mehr Volumen vertragen könnte, hat es betrieblich gesehen eine Traumlage, in der es hohe Dienstgüte liefern und große Mengen umschlagen kann. Wenn die Umschlagsmenge über diesen Punkt hinaus steigen sollte, steigen die Verzögerungen und damit der Frust. Dieses Jahr hat Eurotunnel schon Höchstpreiszeiten eingeführt, um die Umschlagsmenge zu Spitzenzeiten zu drücken.

Vorausschauend hat die Groupe Eurotunnel allerdings drei neue Frachtpendler angekündigt, die 2016/17 den Dienst aufnehmen sollen. DFDS oder P&O könnten diese drei Schiffe natürlich aufkaufen, sofern GE die von den französischen Handelsgerichten auf Originalkäufe verhängten Wiederverkaufssperren umgehen kann. In vielerlei Hinsicht wäre das vielleicht das beste Resultat für die Straße von Dover: zwei starke und investitionsbereite Reedereien gegen ein starkes GE-Angebot abseits des Fährbetriebs.

Der Leidtragende wäre die MFL-Marke.